Lebende Bibliothek: Sprich mit deinen Vorurteilen.

Lebende Bibliothek: Wie entstehen Vorurteile?
Die "Lebende Bibliothek" ermöglicht den Dialog zwischen Menschen, die sich vielleicht niemals begegnet wären. Wie in jeder anderen Bibliothek können "Bücher" für die Dauer einer Ausleihfrist und zu den Bedingungen einer Bibliotheksordnung entliehen und "gelesen" werden. Der Unterschied: In der "Lebenden Bibliothek" sind die Bücher Menschen, mit denen man sich über die verschiedensten Dinge unterhalten kann.
Die Bibliothek hat das Motto: "Sprich mit deinen Vorurteilen." Sie will Menschen dazu bewegen, sich kritisch mit den eigenen Vorurteilen und Stereotypen zu befassen. Allerdings würde das Ziel der "Lebenden Bibliothek" gründlich verfehlt, wenn der Entleiher oder die Entleiherin nach dem Gespräch bloß ein altes gegen ein neues Vorurteil oder Stereotyp ausgetauscht hätte oder der Meinung wäre, nur eine Ausnahme von der Regel getroffen zu haben.
Tatsächlich geht es um mehr. Sensibler für die Entstehung von Stereotypisierung und Vorurteile zu werden, die individuellen und gesellschaftlichen Funktionen darin zu verstehen und die Frage zu stellen, wie sie sich auf das Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen in einer Gesellschaft auswirken können. In dreißigminütigen vertraulichen Gesprächen, versuchen die lebenden Bücher und ihre Leserinnen und Leser gemeinsam, herauszufinden, wie Vorurteile entstehen. Sie diskutieren den gefährlichen Zusammenhang unreflektierter Stereotype, achtlos geäußerter Vorurteile und unterschiedlichsten Formen der Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung.
Im Rahmen der Veranstaltung "Der 11. September 1944 - Zerstörung und Wiederaufbau" zur Darmstädter Brandnacht ist die "Lebende Bibliothek" am Sonntag, dem 9. September, von 13 bis 19 Uhr zum bereits zweiten Mal zu Gast in der Centralstation. Es ist die fünfte "Lebende Bibliothek", die das Netzwerk ROPE e.V. in Darmstadt für eine begrenzte Zeit öffnet und initiiert.
In der Centralstation werden bis zu 20 "Lebende Bücher" den Dialog suchen, darunter: "Die Analphabetin", "Der Sehbehinderte", "Der Rollstuhlfahrer", "Der Moslem", "Die Kopftuchträgerin", "Der Devisenhändler", "Der Alkoholkranke", "Die Transe", "Der katholische Pfarrer" - und vielleicht auch wieder Darmstädter Zeitzeugen der Brandnacht, die zu den Themen Krieg, Schuld und den Umgang damit den Dialog suchen. Die "Lebende Bibliothek" wird unterstützt von Merck, der Eintritt ist frei. (RED)


Zitate von Entleihern:
"Dialog wird durch den Dialog gefördert. Es wird die Möglichkeit gegeben, ohne Angst und Scheu, Fragen zu stellen und jemanden kennen zu lernen."
"Wenn es das nicht schon geben würde, müsste es noch erfunden werden."